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Glyphosat-Zulassung in der EU: Mitgliedstaaten finden erneut keine Mehrheit

Die Abstimmung über die weitere Zulassung von Glyphosat in der EU endet erneut ohne Mehrheit. Die Kommission muss nun entscheiden. Die Grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener kritisiert den unveränderten Verlängerungsvorschlag, während der ÖVP-Abgeordnete Alexander Bernhuber die Entscheidung der Kommission als notwendige Planungssicherheit begrüßt.

Heute haben die Mitgliedstaaten im Berufungsausschuss des Rates über die weitere Zulassung von Glyphosat abgestimmt und keine Mehrheit gefunden.

Glyphosat-Zulassung in der Schwebe: EU-Mitgliedstaaten uneins

Sarah Wiener, Grüne EU-Abgeordnete und Berichterstatterin der neuen Pestizidverordnung, kommentiert: “Die Kommission hat dieses Ergebnis selbst forciert, weil sie nach der ersten Abstimmung über die Zulassung ihren rechtswidrigen Vorschlag nicht verändert hat. Erneut lagen zehn weitere Jahre Glyphosat mit nur minimalen Einschränkungen auf dem Tisch. Unter den Mitgliedstaaten fand sich wieder keine Mehrheit, jetzt liegt die Entscheidung bei der Kommission.

Für eine Zulassungsverlängerung gibt es weder Unterstützung im Rat und noch in der Gesellschaft: Zwei Drittel der EU-Bürger und Bürgerinnen sind laut Umfragen gegen Glyphosat – dem muss die Kommission Rechnung tragen. Erst vor wenigen Wochen ist zudem die bislang umfassendste toxikologische Studie zu Glyphosat erschienen und die Ergebnisse sind besorgniserregend. Schon geringste Dosen des Unkrautvernichtungsmittels verursachen Leukämie bei Ratten. Ein Ausstieg aus diesen gefährlichen Pestizidanwendungen ist unabdinglich.”

Glyphosat: Skandalöse Wiederzulassung durch EU-Kommission ohne Rückendeckung durch Mitgliedstaaten

„Dass die EU-Kommission trotz mangelnder Unterstützung durch die Mitgliedstaaten und trotz der erdrückenden Beweislast für die Gefahren durch Glyphosat das Pflanzengift im Alleingang für weitere 10 Jahre genehmigen will, trägt nicht dazu bei, das Vertrauen in die Europäischen Institutionen zu stärken”, sagt Helmut Burtscher-Schaden, GLOBAL 2000 Biochemiker: “Besonders brisant ist, dass erst vor wenigen Tage besorgniserregende erste Daten aus der ersten unabhängigen tierexperimentellen Krebsstudie mit Glyphosat vorgestellt wurden und die Kommission nicht einmal deren Prüfung durch die Behörden abgewartet hat.”

Kommission ignoriert Vorsorgeprinzip

Gründe für ein Glyphosat-Verbot auf Basis des EU-Vorsorgeprinzips sind zahlreich. Dazu zählen der bis heute ungelöste Widerspruch zwischen Behörden und der WHO-Krebsforschungsagentur IARC bei der Bewertung der Karzinogenität, Enthüllungen über nicht vorgelegte Studien und Datenlücken im Zulassungsantrag des Herstellerkonsortiums, sowie die kürzlich präsentierten besorgniserregenden Vorab-Ergebnisse aus der oben genannten Langzeit-Krebsstudie zu Glyphosat.

Das Vorsorgeprinzip ist sowohl in Artikel 1 der EU-Pestizidverordnung (EG) Nr. 1107/2009 als auch im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert. Es besagt, dass bei wissenschaftlicher Unsicherheit über mögliche Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt präventive Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Schäden zu vermeiden oder zu verringern. Es dient als Leitlinie für die EU, um proaktiv zu handeln, selbst wenn vollständige wissenschaftliche Beweise über die möglichen Folgen einer Handlung fehlen. Die ersten Verbote von bienengefährlichen Insektiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide im Sommer 2013 basierten auf diesem Vorsorgeprinzip.

Bislang hat die Kommission nur ihre Absicht der Glyphosat-Zulassungsverlängerung bekundet. Eine formelle Entscheidung muss erst getroffen werden. “GLOBAL 2000 appelliert an die Kommission, Glyphosat auf Basis des EU-Vorsorgeprinzips zu verbieten. Denn bei Glyphosat sind die Voraussetzungen für eine Anwendung des Vorsorgeprinzips, um das Pflanzengift vom Markt zu nehmen, ganz klar erfüllt”, so Burtscher-Schaden abschließend.

ÖVP-Bernhuber: Glyphosat-Wiederzulassung bringt Planungssicherheit und folgt wissenschaftlicher Erkenntnis

Nachdem sich weder eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten für noch gegen eine Wiederzulassung von Glyphosat gefunden hat, hat nun die EU-Kommission in einer Pressemeldung die Wiederzulassung für weitere zehn Jahre bestätigt. „Unsere eigenen Europäischen Behörden (EFSA und ECHA) haben über 2.400 Studien zu Glyphosat bewertet und keine ausreichenden Gründe gefunden, die gegen eine Wiederzulassung sprechen. Ich bin erfreut, dass die EU-Kommission nun diesen Empfehlungen folgen wird“, erklärt Alexander Bernhuber, ÖVP-Agrarsprecher im EU-Parlament.

Einsatz von Glyphosat zukünftig streng geregelt

Glyphosat darf in Österreich schon bisher auf keinen Kulturen angewendet werden, die unmittelbar zur Lebens- oder Futtermittelproduktion dienen und diese Einschränkung soll nun auch europaweit gelten. Weiters sollen auch die Anwendungsmengen und die Anzahl der Anwendungen strenger geregelt werden. Bernhuber ergänzt dazu: „Somit kann man zukünftig davon ausgehen, wenn in Lebensmitteln Glyphosatrückstände gefunden werden, dass diese nicht aus EU-Produktion stammen.“

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